Warum die Berge......

FUDO MYO GOMA IM KANNONJI TEMPEL
FUDO MYO GOMA IM KANNONJI TEMPEL

Um Shugendo zu verstehen muß man es Praktizieren und die Bedeutung der Berge aus japanischer Sicht verstehen. Fast ganz Japan ist von Bergen durchzogen und die Berge hatten starken Einfluss auf den Glauben des Shintoismus und die Entstehung Japans. Hier nur eine kurze Geschichte zur Entstehung Japans aus der Sicht des Shintoismus:

GEBETE BEI NACHT
GEBETE BEI NACHT

Das Urgötterpaar Izanagi und Izanami, die sowohl Geschwister als auch ein Ehepaar sind, stehen auf der schwebenden Himmelsbrücke und beobachteten das Chaos unter sich. Schließlich rührt Izanagi mit einem Speer im Wasser umher, und als er den Speer zurückzieht, fallen salzige Tropfen zurück ins Wasser und eine Insel entsteht. Das Götterpaar steigt nun auf das neu entstandene Land herab, errichtet einen Himmelspfeiler und vollführt eine Art Hochzeitsritus. Daraufhin entstehen zahlreiche Inseln, darunter auch die acht großen Inseln Japans, sowie eine große Anzahl von Göttern. Nachdem zahlreiche Gottheiten in Form von Landmassen oder natürlichen Elementen gezeugt worden sind, verbrennt sich Urmutter Izanami bei der Geburt des Feuergottes so schwer, dass sie „stirbt“ und in die Unterwelt (Yomi) kommt. In seiner Trauer schlägt Vater Izanagi den Feuergott mit einem Schwert in Stücke, wodurch neue Götter entstehen, und macht sich anschließend auf die Suche nach Izanami.

YAMA NO KAMI SCHREIN
YAMA NO KAMI SCHREIN

Er findet sie schließlich in der Unterwelt, verstößt jedoch gegen ihre Bitte, sie nicht anzusehen, woraufhin ihn Izanami zusammen mit ihren Kreaturen aus der Unterwelt verjagt. Als er das Tor zur Unterwelt passiert hat, verschließt er es mit einem Felsen und trennt somit die Welt der Lebenden von der Welt der Toten. Izanami schwört aus Rache, täglich eintausend Leben zu vernichten, und wird dadurch zur Herrscherin der Unterwelt. Izanagi dagegen wird zum Gott des Lebens, indem er schwört, täglich eintausend Gebärhütten (Geburten) zu erschaffen. Auf diese Weise wird der Kreislauf von Leben und Tod in Gang gesetzt. Nach seinem Besuch in der Unterwelt vollzieht Izanagi eine rituelle Reinigung (Misogi) in einem Fluss. Dabei entstehen wiederum mehrere Gottheiten, darunter auch die Sonnengöttin Amaterasu, die bei der Waschung des linken Auges entsteht, der Mondgott Tsukiyomi no Mikoto (auch Tsukuyomi genannt) bei der Waschung des rechten Auges und der Gott Susanoo, der bei der Waschung der Nase erscheint.

Bevor Izanagi sein schöpferisches Werk beendet und sich zurückzieht, teilt er diesen Kindern verschiedene Herrschaftsgebiete zu: Amaterasu erhält die hohen Gefilde des Himmels, Tsukiyomi die Gefilde der Nacht und Susanoo die Gefilde des Meeres oder in einigen Varianten das Erdreich.

Keita San beim Takigyo
Keita San beim Takigyo

Shugendo ist somit wohl die bekannteste japanische Bergreligion. Warum der Berg so wichtig für diese Religion ist, gründet sich auf fundamentale Lehren aus der Zeit des japanischen Altertums, die in uns wohnen. Wir verehren den Berg als den Wohnort der Geister. Der Berg ist der Ort, an dem sich die Geister der Ahnen versammeln. Um die Welt der Geister wahrzunehmen, müssen wir verstehen, dass unsere Sinne aus der materiellen Welt stammen. Wir müssen dafür die sechs Sinnesorgane erlöschen; Augen, Ohren, Nase, Zunge, der fühlende Körper und der denkende Geist. Zu diesem Zweck halten wir Zeremonien rituellen Todes und Wiedergeburt in den Bergen ab. Diese rituellen Ausführungen erlauben es uns, den Zustand zu erfahren, dem Leid der Seelenwanderung zu entgehen. Was Shugendo einzigartig macht, ist die Kombination von buddhistischer Kosmologie und japanischem Animismus. Diese Verbindung fand statt inmitten von Bergen.
Der rituelle Tod ermöglicht uns das Loslösen der Seele vom Körper. So beginnen wir die Reise zur inneren Welt des Universums. Die geistigen Welten unserer Seele in den Bergen zu versinnbildlichen wird „Jukkai-Shugyo“ genannt, was soviel wie „die zehn geistigen Reiche“ bedeutet. Die zehn geistigen Reiche setzen sich zusammen aus der Unterwelt, dem Hunger, der Tiernatur (Tierhaftigkeit), dem Zorn, der Menschlichkeit, dem Himmelsreich, dem Wissen, der Verwirklichung, der Bodhisattvaschaft und der Buddhaschaft. Diese sind die Zustände unserer Seele, welche das Gesetz von Ursache und Wirkung darstellen.

Jukkai-Shugyo ist eine Reihe von Initiationen (Einweihungen), welche zum Ziel haben die unbeständige und selbstverständliche Freiheit zu nehmen. Die Praxis schlaflosen Fastens lässt uns jegliches Körpergefühl verlieren, dafür die Kraft des Unbewussten erlangen. In solchen Situationen werden wir der unsichtbaren Anteile der uns umgebenden Natur gewahr. Und letztendlich beginnt in unserem Geist das Zusammentreffen göttlicher Geistwesen mit uns selbst. Jukkai-Shugyo ist nicht nur das Training in den Bergen, sondern auch das Gebet. Selbst das Holen von Wasser oder Vorbereitungen für Zeremonien haben eine wichtige Bedeutung, obgleich wir uns täglicher Praxis widmen müssen, um sie zu begreifen. Demnach ist was ein Praktizierender durch das Jukkai Shugyo erkennt und versteht, abhängig von seinen Fähigkeiten und Eigenschaften.